Hommage an den Tänzer


Jens Raabe

50 Jahre Buscha Schule

Göttinger Tageblatt, 15. Juli 1980

Eine Reise durch die Zeit

Buscha-Schule tanzte im Deutschen Theater
Eine tänzerische Reise durch die Zeit von 1930-1980 darzustellen und dabei besonderes Gewicht auf die heiteren Momente zu legen, ist gewiß - schon wegen der politischen Ereignisse in dieser Zeit - nicht leicht. Sven Buscha und seine Schüler schafften dies am Sonntag im Deutschen Theater, und das Publikum war zu Recht begeistert. Besonders gelungen schon der "Einklang", als die Schüler nach und nach noch in Alltagskleidung erschienen und von Buscha begrüßt wurden. Wer zu spät kam, mußte allerdings auch einige scherzhafte "Schläge" einstecken. Buscha korrigierte auf Rollschuhen die Bewegungen seiner Schützlinge. Die einzelnen Szenen der insgesamt zweieinhalbstündigen Aufführung waren dann so aneinandergereiht, daß nie Langeweile aufkam. Die Themen konnten dabei übersichtlich auf einem Schild über der Bühne abgelesen werden. Etwas ernsteren Szenen, wie zum Beispiel "Nachmittag eines Fauns", folgte sofort wieder eine heitere Szene. Hier war es "Rock'n Roll", den zehn Mädchen in Blue Jeans sehr locker präsentierten. Aber obwohl Sven Buscha vor allem die heiteren Themen in den Vordergrund gestellt hat, gehörten doch die ernsteren mit zu den eindrucksvollsten. Das Jahr 1933 wurde mit Tänzern dargestellt, die ein Netz über dem Kopf trugen, und deren ablehnende Haltung gegen das neue Regime in ihrer Gestik ganz klar zum Ausdruck kam. Dazu erklang das Lied: "Die. Gedanken sind frei".
Mit besonderen Lichteffekten und grau gekleideten Tänzern, die mit erhobenen Händen über die Bühne "irrten", löste Buscha das Problem, die flüchtenden Menschen 1945 darzustellen. Dann erschien er selbst als Totengerippe im. Hintergrund. - Sollte das "Ewige Soldatenlied" die Frage ausdrücken, ob denn immer (die Sowjet- und US-Flagge in den Händen des Soldaten schienen darauf hinzudeuten) in Ost und West weitermarschiert werden muß? Auch die zunächst tanzenden, dann marschierenden Mädchen waren wohl ein Indiz dafür.
Bei den heiteren Themen gefiel besonders die "Blume von Hawai". Die zunächst zarte Szene wurde durch gelüftete Röcke, derbe Strümpfe und aufgeblasene Wangen glänzend parodiert. Schließlich noch der für das Jahr 1977 stehende Tanz "Vier Füße": Wenn es auch gewiß nicht die Absicht von Buscha war, sich selbst während ,der Aufführung in den Vordergrund zu stellen, so wurde dieser Tanz von ihm zusammen mit dem einzigen Jungen der Gruppe doch zu einer der faszinierendsten Szenen. Beide zeichneten in schwarzen Anzügen im Dunkeln durch die besonderen Lichteffekte mit leuchtenden weißen Streifen und blau schimmernden Handschuhen ihre Bewegungen exakt auf die Bühne. Zum Abschluß gab es viel Beifall für die trotz einiger Unsicherheiten insgesamt gezeigte Disziplin, Ausdruckskraft und vor allem Spielfreude. Auf die Wiederholung am 19. Oktober kann man sich jetzt schon freuen.
RZ




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